Berliner Gewässeruntersuchung am Moriner See

Berliner Gewässeruntersuchung am Moriner See

Östlich der Oder bei Schwedt gibt es eine Vielzahl von Seen die in einer leicht bewegten Landschaft von Feldern und Wäldern eingebunden sind. Kommt man nach der Grenze und den vielen Polenmarkt-Aktivitäten in diese Landschaft, so wirkt die Gegend wie ausgestorben. Nur abends sitzen die Dorfbewohner vor den Häusern und sehen den Jugendlichen zu, wie die Straße zum Fußballfeld umfunktioniert wird.

In dieser Gegend gibt es einen kleinen Ort, der an einem dieser z.T. sehr schönen Seen liegt : Moryn (früher Mohrin). Von den Bomben des Zweiten Weltkrieges verschont, existiert eine komplette, von Efeu und anderen Rankern bewachsene Stadtmauer, ein im Grundriss intakter Stadtkern und etliche Häuser, die komplett erhalten sind, aber mal ein paar Kilo Farbe gebrauchen könnten. Wahrzeichen des Ortes ist die Kirche mit dem charakteristischen rot-schwarzen Kirchturm, der weit in der Umgebung sichtbar ist.

 

Der See ist relativ groß (ca. 4 km²). Er wird von einigen stattlichen Schilfgürteln gesäumt und hat eine maximale Tiefe von ca. 65 m. Nur wenige Meter vom westlichen Ufer entfernt beginnt schon die Stadtmauer. Davor gibt es einen kleinen Seglerhafen, ein Hotel/Restaurant mit Badestrand und Bungalowanlage und einen langen Uferwanderweg, der zu einem kleinen Spaziergang einlädt. Am Ostufer ist eine zweite offizielle Badestelle die besonders in den Schulferien von vielen Jugendlichen genutzt wird. Daneben gibt es noch wie an vielen Seen mehrere „wilde“ Strände. Im Norden des Sees und im Südosten sind in den vergangenen Jahren einige Ferienhäuser entstanden. Auf dem See findet in geringem Maße Segel- und Surfbetrieb statt. Positiv zu bemerken ist, dass ein Motorbootverbot besteht. Dadurch werden die noch intakten Uferbereiche vor weiteren mechanischen Beschädigungen geschützt.

Natürlich gibt es auch hier wie an den anderen Seen in der Umgebung viele Angler. In früheren Jahren wurde der See sogar gewerblich befischt; man findet neben den bekannten Fischarten wie Barsch, Hecht, Rotaugen, Blei, auch Wels, Steinbeisser und die Maräne. Dieser Fisch bevorzugt besonders saubere Gewässer die auch sehr sauerstoffreich sein müssen.

Nach der Wende kamen ab und zu ein paar Taucher durch den Mitinhaber eines Berliner Tauchgeschäfts und erkundeten die dortigen Tauchplätze. Man konnte ja jetzt die nötige Tauchausrüstung mitbringen. Da man in knapp zwei Autostunden von Berlin in Moryn sein konnte, wurde der See nun regelmäßig betaucht. 1994 wurden aus „Lust und Laune“ einige Daten über die Wasserqualität ermittelt und notiert, da man über Verluste von Seeflora und –fauna aufmerksam wurde. Besonders ist den Tauchern ein Rückgang an Krebs- und Aalbeständen aufgefallen. Die Sichttiefen im Wasser wurden auch immer geringer.

Inhalt der Untersuchung

In diesem Jahr nun hat der LTV eine Untersuchungswoche angesetzt die vom 20.6.-28.6.03 in Moryn durchgeführt wurde. Neben den verschiedenen Messungen für die Parameter der Gewässergüte wurden auch die Uferpflanzen kartiert und in eine große Karte eingetragen. Die biochemischen Messungen wurden in Tabellenform zusammengestellt und interpretiert. Empfehlungen und Lösungsansätze die den Schutz des Sees betreffen wurden am Ende des Berichts aufgeführt. 18 Teilkarten zeigen die Ufervegetation des Sees.

Einige Fotos von den schönsten Uferpflanzen wurden dem Bericht beigefügt. Sie demonstrieren auch die Schönheit und Vielfarbigkeit mitteleuropäischer Seeufer.

Technische Schwierigkeiten während der Untersuchungswoche

Ufervegetation und besonders Unterwasserpflanzen zu kartieren ist wie man sich vorstellen kann nicht gerade einfach. Sind die Schilfgürtel relativ schmal, so reicht bei vorhandenem Uferweg oder zumindest einer gewissen Zugänglichkeit die landseitige Kartierung. Bei breiten Schilfgürteln und vielen Schwimmblattpflanzen (Wasserpflanzen, die teils Über- und Unterwasser leben) muss man mit dem Boot bzw. mit einem schwimmenden Untersatz die Uferbereiche abfahren. Motorboote sind auf dem See verboten – zum Glück! So wurde versucht, die kritischen Bereiche (der große Sumpfbereich im Süden, die privaten Ufer der Bungalows und die großen Schilfgürtel im Norden und Nordosten) mit einem Kajak, einem kleinen Segelboot und mit dem Surfbrett (ohne Segel) zu erfassen. Zweimal kenterte das Kajak und es gingen einige Unterlagen verloren. Manchmal wollte auch der Wind anders als die Mannschaft : trotz großer Anstrengung das Surfbrett mittels paddeln vorwärts zu bekommen bewegte man sich rückwärts. Erst durch ein zusätzlich „menschlich angetriebenes Flossenpaar“ konnte man dem Wind trotzen und vorwärts kommen. Mit viel Mühe und Ausdauer sind dann fast alle Uferpflanzen erfasst worden.

2

Das Erfassen von Pflanzenbeständen

Im Rahmen dieser Arbeit war es nicht notwendig auf wissenschaftliche Genauigkeit und Vollständigkeit Rücksicht zu nehmen. Trotzdem soll an dieser Stelle einmal kurz erläutert werden, wie Wissenschaftler Pflanzen erfassen : das Ziel einer Kartierung ist eine Landkarte (Vegetationskarte), in der die sogenannten Pflanzengesellschaften in verschiedenen Farben und Signaturen eingetragen sind. Pflanzengesellschaften entstehen, wenn sich Pflanzen die ähnliche Standortbedingungen mögen, zusammenfinden. Standortbedingungen oder um es korrekt auszudrücken Standortfaktoren sind z.B. die Feuchtigkeit im Boden, die Versorgung mit Licht, der Nährstoffgehalt im Boden usw. Mit einer Vegetationskarte kann der Wissenschaftler Aussagen über die „Reinheit“ bzw. die Ungestörtheit der Uferbestände (in unserem Fall) erkennen. Aber auch die Qualität des Wassers und der Uferboden spiegelt sich an den Pflanzengesellschaften wieder. Die Wissenschaft, die sich mit den Pflanzengesellschaften befasst heißt Pflanzensoziologie. Überall, wo Pflanzen auf der Erde wachsen und keine Monokulturen vorkommen (fast nur vom Menschen geschaffene Pflanzenansammlungen; z.B. ein Forst, ein Kornfeld oder eine Obstplantage) kann man diese erfassen, oder besser gesagt kartieren, die einzelnen Pflanzengesellschaften daraus ermitteln und sie dann in eine Karte eintragen.

So sind Pflanzengesellschaften als Wälder vorhanden, in Dünen, Mooren, im Gebirge, auf Wiesen, es gibt z.B. Waldsaumgesellschaften (also Bereiche, die den Übergang von einer Wiese zum Wald bilden), Trockenrasengesellschaften (Pflanzen, die Trockenheit sehr gut ertragen können) usw.

Die chemische Untersuchung

Wichtige Aussagen über die Qualität des Wassers ermittelt man mit einer chemischen Untersuchung. Dabei wird die Leitfähigkeit ermittelt, der vorhandene Sauerstoff, Temperatur, pH-Wert, der Härtegrad des Wassers, die Carbonathärte und das Säurebindungsvermögen.

Folgende Salze wurden untersucht :Nitrit, Nitrat, Chlorid, Phosphat, Sulfat und Ammonium. Ferner wurde noch der BSB ermittelt; das ist der Biologische Sauerstoffbedarf des Wassers. Wasser enthält immer geringe Mengen an Mikroorganismen, die für ihre Existenz Sauerstoff benötigen. Die Bezeichnung BSB5 besagt, dass eine bestimmte Menge von Sauerstoff ermittelt wurde, die in 5 Tagen benötigt wird, um Leben im Wasser aufrecht zu erhalten.

Stark fäkal verunreinigtes Wasser hat einen hohen BSB5, da viele Mikroorganismen vorhanden sind; sauberes Wasser hat einen geringen Wert.

Die Algenwatten des Sees

An der West- und Nordwestseite des Moryner Sees konnten verstärkt Algenwatten beobachtet werden.

Algenwatten treten auf, wenn viele Nährstoffe in den See eingebracht werden., die für das Wachstum der Algen wichtig sind. Insbesondere sind dies : Ammonium, Nitrit, Nitrat und Phosphat. Diese Salze findet man vorwiegend in

  • Durch Fäkalien verunreinigte Abwässer
  • Haushaltsabwässer
  • Abwässer von Gewerbebetrieben
  • Dünger in der Landwirtschaft (wird durch das Grundwasser in den See eingetragen).

Wenn im Frühjahr die Wassertemperatur eines Sees steigt und die Sonnenscheindauer länger wird, können die Algen das verstärkte „Nahrungsangebot“ nutzen und sich massenhaft ausbreiten. Es entstehen dichte Algenwatten, die im Flachwasserbereich Boden und Pflanzen mit einem gelb-grünlichen Belag überziehen. Anderes Pflanzenwachstum wird durch die Beschattung und die mechanische Behinderung unterdrückt. Vorhandene Ufervegetation kann sich nicht richtig entfalten, kümmert dahin und stirbt evl. ab. Auch die Nährpflanzen für die Jungfische und das Unterwasserplankton wird in der Entwicklung stark behindert.

Im Sommer ist dann ein Zustand erreicht, wo absterbende Pflanzen und Tiere mit Hilfe von Sauerstoff zersetzt werden müssen. Dabei wird Sauerstoff verbraucht. Irgendwann ist der Sauerstoffgehalt des Wassers so gering, dass kein Leben mehr möglich ist. Es kommt zu einem großen Fischsterben.

Im See konnten vorwiegend an der Südseite und im nördlichen Bereich umfangreiche Algenwatten beobachtet werden.

 

3

Ergebnisse der Arbeit

Wichtig für eine gesunde Seeökologie sind intakte Röhrichtgürtel. So müssen die großen und naturnahen Röhrichtgürtel im Norden und Osten vor weiterer Beschädigung und Zerstörung durch Badende, Surfer und Bootsverkehr geschützt werden. Ein besonders schöner Bereich ist der Südost-Zipfel mit den markanten und weit sichtbaren Seerosenfeldern. Ein wirksamer Schutz kann durch Ausweisung von Schutzgebieten erfolgen, die durch Hinweisschilder zu kennzeichnen sind. Der durchgehende Uferweg vom Hotel „Savana“ bis zum Südzipfel des Sees ist ein attraktives Angebot für Spaziergänger und Touristen und sollte so in seiner Linienführung am Ufer erhalten bleiben. Auf bestimmten Abschniten kann er auch behutsam und naturverträglich ausgebaut werden (z.B. keine stark verdichtenden Wegebaumaterialien verwenden !). Leider bieten die Ufer im Süden durch umgestürzte Bäume, verrottete Steganlagen und Algenwatten einen unästhetischen Anblick. Die Ufervegetation ist auch hier nur in 30-40 m großen Rudimenten vorhanden. Hier sollte durch „Uferreparatur“ eine Wiederbegrünung der Ufervegetation mit Hilfe biotechnischer Maßnahmen (das Einbringen von Pflanzenteilen im Uferbereich) erfolgen. Die Algenwatten sind regelmäßig zu entfernen bzw. die Ursache dafür zu beseitigen. Den Eigentümern der Wassergrundstücke sollte durch Information auf die wichtige ökologische Funktion des Röhrichts hingewiesen werden. Das Motorfahrverbot muss weiterhin bestehen bleiben um die Ufervegetation zu schützen und die relativ gute Wasserqualität zu erhalten.

Die Ursache der Algenwatten ist noch unklar und muß ausfindig gemacht werden.

Etv. Verursacher sind möglicherweise die Felder in der Umgebung des nordöstlichen Zipfels, die im Laufe des Jahres bestimmt mehrmals gedüngt werden.

Bei der chemischen Wasseranalyse konnten keine Besonderheiten festgestellt werden. Die Wassergüte des Moryner Sees kann in die Güteklasse 3 eingestuft werden – bei der Gewässergüteskala von 1 (sehr gut) – 5.

Schwermetalle konnten nicht nachgewiesen werden; ebenso fäkale Verunreinigungen. Der Biologische Sauerstoffbedarf ist normal.


Das Ende der Arbeit……..

war genau am letzten Tag, also am Sonnabend, dem 28. Juni um 22.25 Uhr erreicht: alle Karten waren gezeichnet, alle Tabellen richtig im PC eingerichtet und ausgefüllt, alle wichtigen Seiten kopiert und letztlich auch für die letzte Stunde an diesem Sonnabend das Bier kalt gestellt. Nun hatte man am Ende einen richtigen Grund zum Trinken und der Gerstensaft schmeckte doppelt so gut, ehe sich die Gruppe gegen 0.30 Uhr schlafen legte,

um sich auf den sonntäglichen Termin am nächsten Tag mit einer politisch wichtigen Persönlichkeit der Stadt richtig auszuschlafen und vorzubereiten:

denn gegen 12.30 Uhr konnte unsere Umweltreferentin Daniela Kneißl und die „Mitstreiter“ den Moryner Bürgermeister Jan Maranda begrüßen und ihm diesen Bericht mit dem Titel

„Gewässeruntersuchung und Kartierung des Moryner Sees durch den Landestauchsportverband Berlin e.V.“ überreichen. Der Bürgermeister war sehr interessiert, ließ sich die Ergebnisse erläutern und „wagte“ auch einen Blick in das aufgebaute Mikroskop, um die kleinsten Mitbewohner des Sees kennen zu lernen.

Jan Maranda waren die Bilder im Mikroskop nicht unbekannt, denn früher war er Lehrer und hat schon öfter seinen Schülern die Funktionsweise dieses optischen Geräts erklärt. Immerhin hatten wir zu diesem eigentlichen Abschluß der Untersuchungswoche noch rund eine Stunde ein interessantes Gespräch, bevor die Heimreise nach Berlin am frühen Nachmittag angetreten werden konnte.

Jan Maranda bedankte sich noch einmal herzlich und will diese Untersuchung den zuständigen polnischen Umweltbehörden weiterleiten.

Im Gespräch mit dem

Bürgermeister Jan Maranda.

4
5 Einer der vielen Pflanzenarten: Froschbiss